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pearl, die billigen späh- und lauschangriffe und der § 90 TKG

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ausser-kontrolle-mfg-berlin-wanzen

neulich fiel mir beim besuch einer ausstellung zum thema überwachung ein schaukasten mit in alltagsgegenständen versteckten peilsendern, überwachugnskameras und mikrofon-wanzen auf. in dem erklärtext wurde auf den § 90 des telekommunikationsgesetzes hingewiesen, der selbst den besitz solcher gerätschaften verbietet.

das war mir neu. es hat mich auch gefreut.

zugleich fielen mir die zahlreichen elektronik-händler ein, die derartige “spy-cams” in immer kleinen abmessungen und für immer weniger geld an jedermann verkaufen.

exemplarisch für die vielzahl dieser versandunternehmen habe ich den online-händler pearl mit folgendem offenen brief angeschrieben:

Sehr geehrte Damen und Herren,

der § 90 Telekommunikationsgesetz (TKG) verbietet, in Alltagsgegenständen verdeckte Telekommunikationsanlagen einzubauen oder auch nur zu besitzen. Das gilt auch für Gegenstände, die “auf Grund dieser Umstände oder auf Grund ihrer Funktionsweise in besonderer Weise geeignet und dazu bestimmt sind, das nicht öffentlich gesprochene Wort eines anderen von diesem unbemerkt abzuhören oder das Bild eines anderen von diesem unbemerkt aufzunehmen.”

Quelle:
http://www.gesetze-im-internet.de/tkg_2004/__90.html

Unter der Rubrik “Mini-Kameras, versteckte Kameras, Spy Cams” Ihres Online-Shops bieten Sie allerdings größtenteils genau solche Dinge an: Mini-Kameras und -Mikrofone, versteckt in Kugelschreibern, Steckernetzteilen, Feuerzeugen, Schlüsselanhängern, Wand-, Tisch und Armbanduhren.

http://www.pearl.de/nc-1320-mini-kamaras-versteckte-kameras-spycams-spionagekameras-mini-videokameras-mini-cams.shtml

Diese Geräte eignen sich in ausgezeichneter Weise zu illegalen Videoüberwachungen und Lauschangriffen – Handlungen, die zum Teil als Straftat bewertet werden.

Wie meinen Sie, Ihr Angebot und den Vertrieb dieser Spionagewerkzeuge in Einklang mit den § 90 TKG bringen zu können?

Auf welcher Rechtsgrundlage dürfen die Kunden, die bei Ihnen derlei Überwachungswerkzeug erwerben, diese besitzen oder gar benutzen?

Sie bewerben Sie die Artikel insbesondere mit Slogans und Zitaten, die zur illegalen Anwendung aufzurufen scheinen. Ein paar Auszüge:

  • “Schneller, dezenter Aufnahmestart per Knopfdruck”
  • “Die beliebte Kugelschreiber-Cam – hochauflösend und startet automatisch”
  • “Dezente Kameralinse” (…) “dezent in der Hemdtasche”
  • “Nutze das Gerät um bei Besprechungen im Nachgang Protokolle besser erstellen zu können.” (Zur Werbung angeführtes Zitat eines angeblichen Nutzers.)
  • “Täuschend gut getarnt – Videokamera in Feuerzeug-Optik”
  • “Sieht aus wie ein Einweg-Feuerzeug und ist eine vollwertige Videokamera. Auf Knopfdruck filmen und fotografieren Sie einfach überall.”
  • “Uhren mit versteckter Kamera – Überwachungskamera oder überraschende Perspektiven”
  • “Sie wollen wissen, wer nachts den Kühlschrank leerräumt? Mit dieser Tischuhr drehen Sie eindeutige Beweis-Videos in HD.”
  • “Überwacht Ihre Wohnung besonders unauffällig”
  • “Toll als Büroarbeitsplatzkontrolle (wenn man zur Pause geht und dem Kollegen nicht traut)” (Zur Werbung angeführtes Zitat eines angeblichen Nutzers.)
  • “Video- & Fotoqualität auch für Detektive geeignet”
  • “Einstiegsmodell mit Voice-Recorder”
  • “Klein und kaum sichtbar ist in diesem Netzteil eine HD-Kamera integriert. Einfach in die Steckdose stecken und unauffällig überwachen, z.B. Kinderzimmer oder Büro.”

Aus meiner Sicht animieren Sie mit dem Verkauf und einer derartigen Bewerbung dieser Artikel Ihre Kunden zur Begehung von Straftaten, die die Privatsphäre, das Recht aufs eigene Bild, die Vertraulichkeit privater Gespräche und das Telekommunikationsgeheimnis schwerstens verletzen können.

Bitte erklären Sie mir über meine vorhergehenden Fragen hinaus, wie Sie dazu stehen.

Welche legalen Anwendungszwecke können Sie sich für die einzelnen Produkte vorstellen?

Besitzen Sie Kenntnis über Fälle, in denen hier von mir bezeichneten Produkte in irgendeiner Art und Weise unrechtmäßig eingesetzt wurden oder eingesetzt werden sollten?

In welchem Umfang klären Sie Ihre Kunden vor und nach dem Erwerb dieser Geräte auf die rechtlichen Grundlagen in Deutschland auf?

Zur Erläuterung: Ich verstehe dieses Schreiben an Sie als offenen Brief. Auch Ihre Antwort werde ich der daran interessierten Öffentlichkeit im Internet zur Verfügung stellen.

Viele gute Grüße,

 

[update 12.5.2014 nr.1]

sehr schnell, noch heute früh, hat mir der pressesprecher von pearl zurück gemailt:

Sehr geehrter Herr Ebeling,

vielen Dank für Ihre Nachricht und für die Informationen zum § 90 Telekommunikationsgesetz.

Unter Punkt 1 des o. g. Gesetzes ist der wichtigste Punkt aufgeführt, welches Produkte für den Verkauf und Besitz von “Mini-Kameras, versteckte Kameras, Spy Cams” einschränkt, oder eben nicht.

Alle von uns verkauften Produkte zeichnen lokal auf z.B. SD-Karte auf fallen damit nicht unter § 90 Telekommunikationsgesetz.

Mit freundlichen Grüßen

ich freue mich über die schnelle antwort und bezüglich der anwendbarkeit des § 90 TKG hat der pressesprecher formell sicherlich recht! ohne telekommunikation dieser daten ist das TKG nicht anwendbar.

allerdings drückt er sich zugleich um die davon unabhängigen fragen.

und seine letzte aussage ist so auch nicht richtig, immerhin verkauft pearl u.a. auch streichholzschachtel-kleine handywanzen, die nicht nur gps-daten versenden sondern auch als ferngesteuerte mikrofon-wanze fungieren.

darum habe ich dem unternehmen nun noch einmal geschrieben:

Sehr geehrter Herr xxx,

vielen Dank für die sehr prompte Antwort und den Hinweis auf die genaue Anwendung des § 90 TKG!

Wären Sie bereit, davon unabhängig auf die folgenden zwei Fragen meines Schreibens einzugehen?

*** 8< Schnipp ***

Welche legalen Anwendungszwecke können Sie sich für die einzelnen Produkte vorstellen? Besitzen Sie Kenntnis über Fälle, in denen hier von mir bezeichneten Produkte in irgendeiner Art und Weise unrechtmäßig eingesetzt wurden oder eingesetzt werden sollten?

*** >8 Schnapp ***

Und dann möchte ich die anderen Fragen doch gerne noch einmal aufgreifen und fragen, wie Sie Ihr Produkt “GSM-Tracker GT-60 mit SMS-Ortung und Mikrofon” in Bezug auf § 90 TKG verorten und bewerten.

Das bewerben Sie immerhin u.a. wie folgt:

“Das Mikrofon können Sie abhören. Dazu rufen Sie nur den Tracker an – fast wie ein Handy, aber lautlos.”

Oder:

“Passt in eine Streichholzschachtel.”

Und Sie zitieren in Ihrer Bewerbung eine Zeitschrift wie folgt:

“NERDY Tool für Leute, die sich wie James Bond fühlen wollen (oder müssen).”

Mich würde Ihre Haltung dazu sehr interessieren und ob Sie in dem Vertrieb dieses oder auch der vorgenannten Produkte nicht die Gefahr sehen, dass die Geräte (wohl eher oft als selten!) zu rechtswidrigen Handlungen oder gar Straftaten eingesetzt werden und welche Erfahrungen Sie dazu bislang gemacht haben.

Auch diese Nachricht verstehe ich als offenen Brief.

Danke für Ihre Geduld mit mir und viele gute Grüße,

 

[update 12.5.2014 nr.2]

erneut schreibt mir der pressesprecher schnell, noch am abend zurück:

Sehr geehrter Herr Ebeling,

wir erheben keine Statistiken darüber, für welche Einsatzzwecke Kunden unsere Produkte kaufen.

Jedes unserer Produkte durchläuft vor dem Inverkehrbringen verschiedenste und aufwändige Prüfverfahren, die gesetzlich vorgeschrieben sind. Wir haben ein Produktmanagement und eine Rechtsabteilung die jedes unserer über 15 Tausend Produkte vor dem Verkauf – auch auf alle rechtlichen Aspekte hin – prüft.

Daher können Sie sicher sein, dass der Kauf, Betrieb und Verkauf aller von uns angebotenen Produkte legal ist, wenn Kunden die Produkte im rechtlich zulässigen Rahmen verwenden.

Mit freundlichen Grüßen

damit weicht der pressesprecher erneut all meinen konkreten fragen aus. nach einer statistik hatte ich gar nicht gefragt, sondern nach der kenntnis von missbrauchsfällen. und dass pearl seinen vertrieb von gsm-ferngesteuerten mikrofon-wanzen von sich selbst aus als straftat bewertet, damit war nicht zu rechnen.

bleibt abzuwarten, ob pearl sein produkt auf dauer aus dem programm nimmt oder ob jemand mit einer strafanzeige gegen das unternehmen vorgeht …

 

[update 10.6.2014]

ich habe heute strafanzeige gegen die pearl GmbH eingelegt, weil ich anders als der pressesprecher von pearl der überzeugung bin, dass sich allgemeiner besitz und unbeschränkter vertrieb der funkwanze “GT 60″ nicht mit dem TKG vereinbaren lassen.

bild: eigenes bild aus der ausstellung “ausser kontrolle” des museums für kommunikation in berlin, cc-by-sa


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